1.12.- 5.12.
Nach Hanoi dachten wir, dass das Verkehrschaos keine Steigerung mehr zulässt, doch in Saigon hat das Chaos bereits bei der Anreise begonnen. Die Fahrt vom Hotel in Hue zum örtlichen Flughafen funktionierte mit einem der netten Fahrer vom Stop ’n Go Cafe perfekt und pünktlich. Aber als wir dann auf uns alleine gestellt waren…
Wir kamen am kleinen, absolut übersichtlichen Flughafen in Hue an – unsere Air Vietnam war schon zum Einchecken bereit – also nix wie hin zum Schalter und weg mit dem Gepäck. Boarding um 12:30 bei Gate 3, das war gleich ums Eck, gegenüber vom Gate ein nettes Café. Vor dem Gate stand zwar schon ein mobiles Scan-Gerät, sonst herrschte aber gähnende Leere – naja, war ja auch noch über eine Stunde Zeit.
Wir nahmen an, das ist so wie beim Sky-Link in Wien – man geht durch den Scanner gleich in den Raum, der dann direkt in die Gangway zum Flugzeug führt. Also zufrieden im Café gemütlich gemacht, getratscht und uns besten unterhalten. So verging die Zeit quasi im Flug und als nach 12h noch immer gähnende Leere beim Gate 3 war, begannen wir uns doch zu wundern, wo denn das Flughafenpersonal und all die anderen Passagiere sein könnten. Ein genauerer Blick auf „unser“ Gate 3 brachte Klarheit: Das kleine Flugzeug, das auf dem Schild abgebildet war zeigte nämlich nicht nach oben (Abflug), sondern nach unten, also Ankunftshalle.
Unter derart geänderten Umständen hieß es für uns nichts wie raus aus dem Café und rasch auf die Suche nach dem richtigen Gate. Und gleich ums Eck, da sahen wir sie: die laaaange Schlange, die sich für den Sicherheitscheck und Scannen des Handgepäcks anstellte. Nix mit „so wie Sky-Link“ – EIN Scanner für alle Gates und die Passagiere der Air Vietnam nach Saigon dürften da alle schon laaange durch gewesen sein. Da half nur mehr eines: Fast Lane (also quasi die Überholspur für bevorzugte Fluggäste).
Von der Seite rein zum Personal, Tickets mit der Abflugzeit zeigen, die „Augen machen“ (so wie der gestiefelte Kater in Shrek) und:
Vorbei an der wartenden Schlange, direkt zum Scannen, rasch zum Gate 3 (diesmal zum richtigen) und rein in den Flieger.
Mann, waren da vieeele Menschen ;-). Der Airbus A321 war voll – komisch: in unserem Café haben wir die alle nicht getroffen 😉
Der Flug nach Saigon war dann so richtig entspannend, wir bekamen sogar mehr für unser Geld, da der Flieger eine halbe Stunde über der Stadt kreisen musste, da er wegen eines Gewitters nicht landen konnte.
Endlich unten, rein ins Taxi und ab in den städtischen Verkehr, der wirklich unglaublich ist. Es gibt hier bei 7 Millionen Einwohnern im Großraum Saigon ca. 5 Millionen Mopeds und die fahren offenbar alle zugleich herum.
Fußgänger haben es überall schwer – aber wir kennen jetzt den Unterschied zwischen Hanoi und Saigon: In Hanoi kann man am Gehsteig nicht gehen, weil dort die Mopeds parken und in Saigon, weil am Gehsteig die Mopeds fahren, wenn auf der Straße zu wenig weiter geht.
Zu Fuß gehen ohnehin nur die Touristen….
Saigon heißt ja mit neuem Namen Ho-Chi-Minh-City und obwohl es auch hier natürlich ein Ho-Chi-Minh Museum und Ho-Chi-Minh Statuen gibt, ist Hanoi wohl eher die Stadt, die dem Staatsgründer des wiedervereinten Vietnams gerecht wird. Hanoi’s Orientierung ist eher kommunistisch/konservativ, Saigon orientiert sich eher am Westen und präsentiert sich durchaus kapitalistisch.
Lustiges Essen gibt es auch:
à propos Essen: In Ho-Chi-Minh City haben wir zum ersten Mal in unserem langen kulinarischem Leben so richtig authentisch indisch gegessen.
Die umfangreiche Speisekarte umfasste Gerichte aus unterschiedlichen indischen Regionen und der Chef, der aus Süd-Indien stammte, hat uns aufgrund unserer Neugier und unserer Fragen ausführlich beraten – verbal wie auch kulinarisch in Form von Kostproben zusätzlich zu unserem eigentlichen Essen. Unter anderem mit masala dosa, ein spezielles Brot aus der Süd-Indischen Küche – wie eine hauchdünne Palatschinken-Röhre, gemacht aus Reis- und Linsenmehl und dazu pikante Dip-Saucen.
Nach insgesamt 5 Gerichten (obwohl wir nur drei bestellt hatten) mit Reis und Naan-Brot gab es dann auch noch ein gratis-Dessert und, warum auch immer, noch 12% Rabatt auf die Gesamtrechnung. Vielleicht lag’s ja daran, dass der Chef auch öfter mal nach Österreich zum Schi-Fahren fährt und wir ihm da auch den einen oder anderen Tipp geben konnten :-).
Nach diesem kulinarischen Exzess folgte der Kauf eines Vodkas im Supermakt und trotz dessen Genusses eine annähernd schlaflose Nacht wegen hoffnungsloser Überfütterung.
Wir haben aber in Saigon nicht nur gegessen, sondern uns auch intensiv mit der Geschichte Vietnams beschäftigt. Dafür ist allerdings auch ein guter Magen Voraussetzung.
In Saigon gibt es das Kriegsopfer-Museum, wo einem die Folgen der Vietnamkriege sehr drastisch vor Augen geführt werden. Ein Land, das die Folgen des kalten Krieges zwischen Amerika und Russland und den damit verbundenen Interessen und Kämpfen um die Vormachtstellung mehr als nur heiß zu spüren bekam.
Im Museum werden die Kriegsverbrechen der USA dokumentiert (Agent Orange,..) zum Teil durch viele berührende Fotos berühmter Kriegsreporter.
50 km von Saigon entfernt kann man auch die andere Seite kennen lernen. Nämlich die Strategien des Vietkong mit dem unterirdischen Tunnelsystem im Dschungel, das 250km lang war und in welchen Menschen bis zu 20 Jahre gelebt haben und den amerikanischen Soldaten das entgegenhielten, was sie zur Verfügung hatten: Kenntnis um die Natur und den Guerilla Kampf mit allen Arten von Natur-Fallen.
Bei einem Ausflug zu den Củ Chi Tunneln konnten wir selbst durch die – für Touristen inzwischen vergrößerten – Tunnel krabbeln. Es ist möglich, sich hundert Meter lang unterirdisch fort zu bewegen, nach 20 Metern gibt es den ersten Ausstieg. Unsere Gruppe krabbelte hinter dem Guide her – uns kamen bereits 20 Meter voll lang vor und um einen Eindruck zu bekommen, wie stickig und eng es hier ist, haben die auch vollkommen ausgereicht. Dabei darf man nur die erste Ebene von bis zu drei Ebenen nach unten betreten. Je tiefer, desto schmäler. Wo heute die Taschenlampe brennt, war damals nur Finsternis…
Im übrigen ist niemand unserer 9-köpfigen Gruppe mehr als 60 Meter drinnen geblieben.
Auf dem Weg zu den Củ Chi Tunneln gab es den üblichen Stopp an einer der zahlreichen Behinderten-Werkstätten, in welcher die Opfer (bis zu zwei Kinder-Generationen der ursprünglichen durch chemische Waffen geschädigten Menschen) durch den Staat Beschäftigung finden. Zum Beispiel durch die Herstellung der speziellen Lack-Bildern auf Holz, die mit Farbe, Eierschalen-Intarsien und Perlmutt gestaltet werden.
Neben der Kriegsvergangenheit gibt es natürlich auch das lebendige Saigon. Mit hübschen Kolonial-Bauten, einem interessanten Tempel (der Jade-Pagode) und entspannten Menschen und Tieren.
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